Am 11.10.2022 hat das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle („BAFA“) den lang erwarteten Fragenkatalog[1] zu den Berichtspflichten der Unternehmen nach § 10 Abs. 2 LkSG veröffentlicht.
Der Bericht über die Erfüllung unternehmerischer Sorgfaltspflichten nach §10 Abs. 2 LkSG ist ein zentrales Element des Gesetzes. Mit ihm geben die Unternehmen – wie es das BAFA ausdrückt – ihre erste Visitenkarte ab.
Zu welchem Zeitpunkt muss der Bericht abgegeben werden?
Unternehmen müssen jährlich einen Bericht über die Erfüllung der Sorgfaltspflichten im vergangenen Geschäftsjahr erstellen und spätestens vier Monate nach Schluss des Geschäftsjahres auf der Internetseite des Unternehmens für einen Zeitraum von sieben Jahren kostenfrei öffentlich zugänglich machen. Der Bericht ist spätestens vier Monate nach dem Schluss des Geschäftsjahres bei dem BAFA in deutscher Sprache und elektronisch über einen noch bereitzustellenden Zugang einzureichen.
Müssen bei verbundenen Unternehmen alle Unternehmen einen eigenen Bericht abgeben?
Bei verbundenen Unternehmen, bei denen sowohl die Konzernobergesellschaft als auch Tochtergesellschaften die Schwellenwerte des LkSG erreichen, müssen – so das BAFA – jeweils eigenständige Berichte vorgelegt werden, wobei plausible Verweisungen zulässig sein sollen.
Diese in der Literatur kritisierte und aus Unternehmenssicht unpraktikable Lösung ist bedauerlich und bedeutet einen zusätzlichen bürokratischen Aufwand in größeren Konzernen, der aus Sicht der Behörde keinen Zugewinn verspricht.
Was ist der Inhalt der Berichtspflicht?
Der Gesetzgeber verlangt nachvollziehbar darzulegen,
- ob und falls ja, welche menschenrechtlichen und umweltbezogenen Risiken oder Verletzungen einer menschenrechtsbezogenen oder umweltbezogenen Pflicht das Unternehmen identifiziert hat,
- was das Unternehmen zur Erfüllung seiner Sorgfaltspflichten unternommen hat; dazu zählen z.B. die Grundsatzerklärung sowie die Maßnahmen, die das Unternehmen aufgrund von Beschwerden getroffen hat,
- wie das Unternehmen die Auswirkungen und die Wirksamkeit der Maßnahmen bewertet und
- welche Schlussfolgerungen es aus der Bewertung für zukünftige Maßnahmen zieht.
Der ausführliche Fragekatalog, den das BAFA nun veröffentlich hat, geht in alle Details des LkSG. Er stellt quasi eine „Übersetzungshilfe“ der Anforderungen des Gesetzes in Fragenform dar. Die grundlegenden Kapitel des Fragenkatalogs betreffen:
A – Strategie und Verankerung
[A1] Überwachung des Risikomanagements und Verantwortung der Geschäftsleitung
[A2] Grundsatzerklärung über die Menschenrechtsstrategie
[A3] Verankerung der Menschenrechtsstrategie innerhalb der eigenen Organisation
B – Risikoanalyse und Präventionsmaßnahmen
[B1] Durchführung, Vorgehen und Ergebnisse der Risikoanalyse
[B2] Präventionsmaßnahmen im eigenen Geschäftsbereich
[B3] Präventionsmaßnahmen bei unmittelbaren Zulieferern
[B4] Präventionsmaßnahmen bei mittelbaren Zulieferern
[B5] Kommunikation der Ergebnisse
[B6] Änderungen und anlassbezogene Wirksamkeitsüberprüfung
C – Feststellungen von Verletzungen und Abhilfemaßnahmen
[C1] Feststellungen von Verletzungen und Abhilfemaßnahmen im eigenen Geschäftsbereich
[C2] Feststellungen von Verletzungen und Abhilfemaßnahmen bei unmittelbaren Zulieferern
[C3] Feststellungen von Verletzungen und Abhilfemaßnahmen bei mittelbaren Zulieferern
D – Beschwerdeverfahren
[D1] Einrichtung oder Beteiligung an einem Beschwerdeverfahren
[D2] Anforderungen an das Beschwerdeverfahren
[D3] Wirksamkeit des Beschwerdeverfahrens
E – Bewertung des Risikomanagements und Schlussfolgerungen
BAFA als Partner der Unternehmen
Dabei betont das BAFA, es verstehe sich als Partner der Unternehmen, die die Anforderungen des LkSG erfüllen wollen. Auf „unternehmerische Realitäten“, insbesondere im ersten Berichtsjahr, werde Rücksicht genommen. An vielen Stellen bestehe die Möglichkeit, begonnene, aber noch nicht abgeschlossene Prozesse, komplexe unternehmensspezifische Strukturen oder Inhalte über Freitextfelder einzubringen. Diese Anmerkungen deuten an, dass das BAFA insbesondere im ersten Berichtsjahr gewisse Defizite in der Umsetzung des LkSG tolerieren will.
Andererseits betont das BAFA, es werde risikobasierte Kontrollen durchführen, wobei ein wichtiges Kriterium sei, wie „plausibel“ der eingereichte Bericht eines Unternehmens ist. Unternehmen tun also gut daran, den Fragebogen präzise und sorgfältig auszufüllen.
Haben Unternehmen bzw. Organe Aussageverweigerungsrechte?
Das BAFA weist auch darauf hin, kein Unternehmen müsse Aussagen machen, deren Beantwortung „Sie“ (d.h. seine Mitarbeiter bzw. Organe) der Gefahr strafrechtlicher Verfolgung oder eines Verfahrens nach dem Ordnungswidrigkeitengesetz aussetzen würde. Über eine „Checkbox-Abfrage“ könne das Unternehmen bestätigen, ob es bei der Beantwortung von verbindlichen Fragen vom Aussageverweigerungsrecht Gebrauch mache.
Wie werden Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse geschützt?
Laut dem BAFA-Fragebogen seien Unternehmen generell nicht verpflichtet, Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse offenzulegen. Das ist grundsätzlich zu begrüßen, um wettbewerbliche Nachteile, etwa bei der Offenlegung von unmittelbaren oder mittelbaren Lieferanten, zu vermeiden. Das LkSG enthält in § 10 Abs. 4 allerdings eine etwas weichere Formulierung, wonach Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen lediglich „gebührend Rechnung zu tragen“ ist. Es bleibt abzuwarten, wie sich das Spannungsfeld hier entwickelt.
Behördliche Prüfung und Bußgelder
Das LkSG enthält ein ganzes Arsenal von Maßnahmen, bei verspäteten, unvollständigen oder gar falschen Angaben. Das BAFA prüft die Berichte der Unternehmen inhaltlich (§§ 10 Abs. 2 und 3 und 13 LkSG). Werden die Anforderungen nicht eingehalten, kann das BAFA Nachbesserungen binnen angemessener Frist verlangen (§13 Abs. 2 LkSG).
Die Aufbewahrung der Dokumentation über mindestens 7 Jahre, die richtige Erstellung, rechtzeitige Veröffentlichung und Einreichung des Berichts nach § 10 Abs. 2 LkSG bei dem BAFA oder die Zuwiderhandlung gegen eine vollziehbare Anordnung auf Nachbesserung eines Berichts sind bei Verstößen als Ordnungswidrigkeiten mit Bußgeldern bewehrt.
Glossar
Hilfreich ist das am Ende des Fragebogens enthaltene Glossar, welches die verwendeten Begriffe, teils autonom, teils unter Verweis auf FAQ’s erläutert.
Fazit
Das BAFA hat einen ersten Aufschlag bzw. eine erste Hilfestellung für den auszufüllenden Fragebogen geliefert. Der 35-seitige Fragebogen umfasst alle Details und Nuancen des LkSG und verursacht einen erheblichen Berichtsaufwand. Wer gehofft hatte, dass die Berichtspflicht nicht ernst genommen oder jedenfalls eher moderat ausgeformt würde, sieht sich enttäuscht. Unternehmen ist dringend zu empfehlen, sich intensiv mit dem Fragebogen auseinanderzusetzen und sorgfältig plausible Antworten zu erteilen.
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[1] https://www.bafa.de/SharedDocs/Downloads/DE/Lieferketten/merkblatt_fragenkatalog.html?nn=18157744
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