Eskalierende Handelskonflikte und rechtliche Auswirkungen

Der Handelskonflikt zwischen den USA, China und der EU eskaliert spürbar. Täglich gibt es neue, sich überschlagende Nachrichten: Die USA haben Zölle auf chinesische Produkte wie E-Autos, Batterien und Solarmodule schrittweise auf bis zu 104 % erhöht; China reagierte mit Gegenzöllen von 34 % auf US-Waren und Exportbeschränkungen für strategische Rohstoffe. Auch gegenüber Europa ziehen die USA die Zollsätze an: Seit März 2025 gelten 25 % auf Stahl und Aluminium sowie ein genereller Zollsatz von 20 % auf nahezu alle EU-Importe. Die EU prüft Vergeltungsmaßnahmen im Umfang von bis zu € 26 Mrd., inklusive 25 % Zöllen auf ausgewählte US-Produkte. Gleichzeitig hat sie eigene Ausgleichszölle auf chinesische E-Autos eingeführt – bis zu 35,3 % zusätzlich zu den regulären 10 %. Diese Eskalation protektionistischer Maßnahmen gefährdet internationale Lieferketten und stellt Unternehmen im Anlagenbau vor erhebliche strategische und vertragliche Herausforderungen.

Doch was gilt rechtlich, wenn plötzlich 25 % Zoll (und mehr) fällig werden, wo vorher keine Einfuhrabgaben bestanden? Diese Probleme stellen sich insbesondere bei Incoterm DDP („Delivered Duty Paid“)-Verträgen.

Für bereits geschlossene Verträge, die keine spezifischen Vertragsklauseln enthalten, sind die allgemeinen vertraglichen und gesetzlichen Regelungen zur Vertragsanpassung ein zentrales Instrument:

1. Force-Majeure-Klauseln

Klassisch für Naturkatastrophen, Kriege oder Pandemien – aber ggf. auch bei staatlichen Eingriffen, z. B. plötzliche Zollmaßnahmen oder Exportverbote, einschlägig. Wirkung: temporäre oder vollständige Befreiung von Leistungspflichten. Empfehlung: Force-Majeure-Klauseln prüfen, ob handelspolitische Maßnahmen darunterfallen.

2. Hardship-Klauseln

Vor allem in internationalen Verträgen gebräuchlich. Regelungsgegenstand: wenn die Leistungserbringung für eine Partei unzumutbar wird (z. B. massive Zollsprünge), können Vertragsverhandlungen erzwungen werden. Verglichen zur Force Majeure liegt der Fokus mehr auf der wirtschaftlichen Überlastung. Empfehlung: Hardship-Klauseln prüfen

3. Gesetzliche Regelungen (z.B. Störung der Geschäftsgrundlage § 313 BGB)

Fehlen vertragliche Bestimmungen zur Vertragsanpassung, kommt es entscheidend auf die gesetzlichen Regelungen an, die sich in vielen Rechtsordnungen finden. Im deutschen Recht kann insoweit die Störung der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) einschlägig sein. Voraussetzung: zentrale Rahmenbedingungen müssen sich nach Vertragsschluss unvorhersehbar und gravierend ändern. Dies ist in Anbetracht der drohenden massiv erhöhten Zollbelastung denkbar, die zu einer schwerwiegenden wirtschaftlichen Äquivalenzstörung führen kann.

Kein Automatismus – die Hürde liegt hoch; Gerichte prüfen streng, erforderlich ist stets eine Betrachtung des Einzelfalls.

4. Fazit

Die vertraglichen und gesetzlichen Regelungen zur Vertragsanpassung haben zuletzt im Zusammenhang mit der Corona Pandemie, dem Krieg in der Ukraine und damit im Zusammenhang stehenden Lieferengpässen und Verteuerungen erheblich an Bedeutung gewonnen. Die aktuellen Handelskonflikte wirken tief in Vertragsverhältnisse hinein. Insofern steht zu vermuten, dass die Regelungen auch weiterhin eine hohe Bedeutung behalten. In der Vergangenheit haben entsprechende Klauseln lange Zeit ein Schattendasein geführt. Wer international liefert, sollte rechtzeitig vorsorgen – und sich juristisch wie strategisch absichern.

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